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Klassik ist nicht nur für den Konzertsaal da, ihr Publikum ist weit größer als die Zahl der Abonnenten. Das SWR Sinfonieorchester reagiert auf die Vielfalt der Hörer. Auf Kinder, die Instrumente anfassen wollen. Auf Musikfreunde, die neben den Stücken auch Interpreten und Komponisten kennenlernen möchten. Auf Hörer, die vom Pop herkommen und neugierig sind auf Klassik bis Avantgarde. Auf Besucher, die nicht um acht im Parkett, sondern lieber um neun in Werkstatt-Atmosphäre lauschen. Auf Internetnutzer, die den Rechner zum Radio machen.

Die Kleinen zuerst. „Wenn ein Kind den ganzen Tag etwas über Schokolade hört, interessiert es sich für Schokolade.“ Damit beschreibt der Dirigent Mariss Jansons ein Problem der Musikvermittlung, aber auch einen Teil der Lösung. Klassik hat es schwerer als Schokolade, ihre Reize werden nicht rund um die Uhr beworben und sind deutlich komplexer. Doch beides muss man erstmal kennenlernen, um es überhaupt zu mögen. Bei „TamTam“ sitzen Kinder im Grundschulalter mitten im Orchester. Schon vor der Probe können sie hinter die Kulissen schauen, danach die Musiker mit Fragen löchern. „TamTam“ zählt längst zu den gefragtesten Angeboten des SWR Sinfonieorchesters.

Dass in dessen Konzerte auch auffallend viele Jugendliche kommen, liegt an „Musik macht Schule“. In vier Stufen bereiten sich Schüler auf Konzerte vor, ein Probenbesuch gehört ebenso dazu wie der Besuch von Musikern in Schulen und Interviews mit Stars. An den Projekten nehmen zahlreiche Schulen aus Freiburg und dem Umland mit Einzugsgebiet von über 100 km mit bis zu 800 Schülern teil. Eines der größten Jugendprojekte, die je ein Sinfonieorchester anschob, ist „Der Schrei!“. Rund 200 Musikamateure von 14 bis 20 Jahren, von Stimme bis Schlagzeug, erarbeiten in Workshops an vier Orten Klänge, die im kommenden Sommer mit ausgewählten Stücken des SWR Sinfonieorchesters zum Event verbunden werden.

Mit Grenzüberschreitungen machten das Orchester und seine Hörer schon beste Erfahrungen, als beim „Zwischenräume“-Projekt alle Auftritte gemeinsam mit der Popformation „Söhne Mannheims“ ausverkauft waren. Der statistische „Durchschnittshörer“ unterschied sich dabei deutlich vom Abonnenten: 26, weiblich, Angestellte, Popfan. Neue Konzertformen sind also gefragt. Darum gibt es jetzt auch die „LinieZwei“ im Freiburger E-Werk, geeicht auf Musik der Gegenwart und den Rhythmus der Quereinsteiger: Werkstattkonzerte ab 21 Uhr mit anschließender Lounge, bei der Klangexperten Klassik mixen.

Solche Innovationen stehen den Traditionen keineswegs entgegen. Auch der klassische „Bildungsbürger“ wird das Komponistengespräch im E-Werk zu schätzen wissen und vertieft sich andererseits ins klassische „Studium generale“ der Uni Freiburg, die in wöchentlichen Seminaren ausgewählte Musik erkundet – zuletzt etwa Messiaens Vermächtniswerk „Éclairs“ für großes Orchester. Voraussetzung für Großprojekte wie dieses Werk und überhaupt alle hier erwähnten Aktivitäten ist freilich ein Orchester, das auch deswegen zu den weltweit besten und ambitioniertesten zählt, weil es seinen festen Platz im Sender hat – und in einem Programm, das im Radio wie im Internet zu hören ist.

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